Where the magic happens: In unserer Serie «Zu Besuch im Studio» machen wir uns auf in die Klangtüftler:innen-Stuben von Schweizer Artists. In Episode 3 besuchen wir DJ und Produzentin Julia Michels alias Juli Lee. Die Künstlerin gewährt uns Einblick in ihre Studioarbeit und erklärt uns, weshalb Druck kein guter Freund der Kreativität ist.
Juli Lee alias Julia Michels bewegt sich seit geraumer Zeit mit viel Leidenschaft und Beständigkeit durch die Schweizer Musik- und Kulturlandschaft. Die umtriebige DJ, Produzentin und Labelinhaberin ist vor einigen Jahren von ihrer Heimatstadt Bern nach Zürich gezogen. Hier in der Limmatstadt hat sie Fuss gefasst, verschiedenste Projekte vorangetrieben oder gar neu gestartet. Julia Michels hält stets die Fäden in der Hand und verleiht all ihren Engagements einen ganz eigenen Anstrich. Sei es das Betreiben eines Labels, das Durchführen von DJ-Workshops, oder das Bespielen eines vollgepackten Dancefloors in den frühen Morgenstunden mit ihren groovigen Sounds: Julias Können und Wissen sind einzigartig.
Wir treffen Julia an einem regnerischen Dienstagnachmittag in ihrem Studio im Zürcher Kreis 4. Die Räumlichkeiten im Untergeschoss eines Gewerbekomplex’ teilt sich Michels mit einem Gspändli aus befreundeten Musik-Kreisen. Sie erzählt uns, wie sie lange Zeit nur von Zuhause aus an ihrer Musik gearbeitet habe, bevor sie sich dafür entschied, sich zusätzlich in einem Studio einzumieten: «Ich mochte den Gedanken, hybrid arbeiten zu können – also sowohl im Studio-Setting, als auch in meinem Wohnzimmer.» Im Studio habe sie die Möglichkeit, auf eine professionelle Ausstattung zurückzugreifen, Zuhause würde jedoch der Vorteil darin liegen, das zwischen Idee und Umsetzungsmöglichkeit nur ein kurzer Augenblick liege: «Wenn mich die Lust packt, dann möchte ich gleich loslegen können», so Michels. Ausserdem sei sie nicht auf all zu viel Gear angewiesen, was das hybride Arbeiten massiv erleichtere.
Während es sich Julia mit Hund Momo auf dem Studioteppich gemütlich macht, erzählt sie uns, dass sie jüngst angefangen habe, vermehrt in Kollaborationen im Studio zu arbeiten: «Ich habe mich lange davor gescheut, gemeinsam zu wirken – eine Studiosituation ist ja immer auch etwas sehr Intimes und Verletzliches.» Heute sei das anders, erklärt Julia. Sie habe Vertrauen in sich selbst und ihr Know-How gewonnen, übernehme gerne auch mal den Lead im Studio und gewähre Einblick in ihren Workflow. Ein Umstand der letztendlich auch Wachstum zulasse.
Ob im Alleingang oder im Tandem, eine Sache liegt Michels besonders am Herzen: Studioarbeit solle immer ohne Druck stattfinden: «Ich schätze ein Setting, das mir einen verspielten und unkomplizierten Zugang zur Musik ermöglicht, denn: Druck nimmt mir die Kreativität, in der Folge auch die Freude.» Die umtriebige Musikschaffende spricht damit einen wichtigen Punkt an, denn: In Zeiten, in denen vermeintlich alles schnell gehen muss, in denen möglichst viel künstlerisches, aber auch persönliches Wachstum in innert kürzester Zeit stattfinden soll, bleibt eines auf der Strecke: Die Leidenschaft.
«Ich schätze ein Setting, das mir einen verspielten und unkomplizierten Zugang zur Musik ermöglicht, denn: Druck nimmt mir die Kreativität, in der Folge auch die Freude.»
Julia Michels über ihre Studioarbeit
Julia Michels scheint den so wichtigen Balanceakt zwischen Arbeit und Leidenschaft verstanden zu haben. Ihre jahrelange Erfahrung, die sie zu einem integralen Bestandteil der Szene gemacht hat, unterstreicht dies. Diese dezidierte Betrachtungsweise legt sie auch an den Tag, wenn sie den Akt des Produzierens dem Auflegen gegenüberstellt: «Für mich sind die Studioarbeit und das DJing zwei verschiedene Dinge. Ich befasse mich zwar bei beiden Angelegenheiten mit Musik, der Prozess ist aber ein anderer. So landet was ich im Studio mache, nicht per se auch in meinen DJ-Mixes.» Vielmehr habe sie Freude daran gefunden, auch an atypischen Sounds zu arbeiten, mit Vocal-Aufnahmen zu experimentieren, stundenlang and Kick-Drums und Basslines herumzuschrauben und letztlich Musik zu kreieren, die gar nicht immer für den Dancefloor bestimmt sein muss. Lachend ergänzt sie: «Viele Tracks, an denen ich jüngst arbeite, sind nicht unbedingt ‘DJ-friendly’ oder ‘club-optimiert’ – vielmehr sind sie Momentaufnahmen und resultieren aus Ideen, Gefühlen und Hirnfürzen, die mir beim Entstehen Freude bereitet haben.»
«Viele Tracks, an denen ich jüngst arbeite, sind nicht unbedingt ‘DJ-friendly’ oder ‘club-optimiert’ – vielmehr sind sie Momentaufnahmen und resultieren aus Ideen, Gefühlen und Hirnfürzen, die mir beim Entstehen Freude bereitet haben.»
Julia Michels über ihre Studioarbeit
Julia Michels scheint sich ihrer selbst bewusst zu sein. Eine Künstlerin, die einen hohen Grad an Sensibilität an den Tag legt und sich mit dieser Herangehensweise an all ihr Tun einen ganz eigenen Mikro-Kosmos geschaffen hat, in dem sie wohlig ist: «Ich habe lange das Gefühl in mir getragen, als würden die verschiedenen Arme eines Flusses in alle möglichen Richtungen fliessen – heute spüre ich, dass ebendiese Flussarme so langsam im selben Strom zu münden scheinen.»
Text/Interview: Aline Fürer (Redaktionsleiterin/Chefredakteurin)
Studio-Steckbrief Juli Lee
Wer: Julia Michels alias Juli Lee
Wo: Zürich
Genre(s): Electronic
Software: Logic
Lieblings-Gear: variiert, aktuell hab ich mein Theremini wieder ausgepackt
Labels: klaus:elle, Upon.You, MYR, Moonbootique, Hive Audio, Nite Grooves, King Street
Juli Lee auf Soundcloud I Juli Lee auf Instagram
Quellen: Julia Michels alias Juli Lee, Aline Fürer