Liebes Tagebuch, ich war am letzten Samstag mal wieder in Zürich. Kommt ja nicht soviel vor, da das Angebot auch in Bern, Basel und Luzern ziemlich fetzig sein kann oder ich mittlerweilen alt und seriös bin. Aber das war mir am vergangenen Samstag egal. In meinen Feeds wimmelte es bereits von Lobeshymnen über DJ Lag, Nan Kolè, Omar-S, Princess P, Mule & Man, The Young Gods, Honey Dijon und Peggy Gou – der Weekender war schon lang im Gang.
Und er beginnt bekanntlich mit Fachsimpeleien über die Musik (im Bild unten mit Nan Kolè und DJ Lag), Schulterklopfen und guten Fotos der vergangenen Ausgabe – alles stilvoll, bis ins letzte Detail inszeniert und trotzdem locker und authentisch.
Als wir eine halbe Stunde vor Türöffnung wohlgenährt vor der Zukunft vorbei lungern, hat es bereits eine Schlange. Und auch beim Longstreet vertreten sich die ersten Leute ihre nassen Sneakers. Der Abend startete mit einem kurzen Abstecher ins Exil. Das Prädikat ruhig, aber ziemlich cool klebten wir den zweikommasieben Leuten auf die Stirn und verzogen uns ins Longstreet.
Ruben von Mannequine (hier sein Podcast) hatte den Allnighter im ersten Stock. Doch so weit kam ich gar nicht: Auf der spartanischen Bühne gleich neben dem Eingang hatte sich Steven Warwick eingerichtet. Mit Beamershow, live gesampleten Beats und einer monotonen Stimme liess er alle Besucher staunend geniessen. Zugegebenermassen kannte ich den leicht introvertiert wirkenden Mann aus Berlin nicht und wurde von seiner Show richtiggehend weggeblasen. Der Spirit des RBMA Weekender war da!
Nach Warwicks Gig schlichen wir uns locker-lässig an der Zukki-Schlange vorbei und schauten uns die wenig verstrahlte Meute zu den Bässen der Idjut Boys ein erstes Mal an. Es wummerte schon ziemlich und die Lichtanlage lief auf Hochtouren – ein Prunkstück!
Nichtsdestotrotz verzogen wir uns als J4J-Fanboys rasch ins Gonzo. Drei Jungs der Band spielten, analog zum Vorabend mit Mule & Man, es DJ Set der Sonderklasse. Das Gonzo war völlig überraschend rappelvoll und die Stimmung ziemlich dope. Jeans for Jesus lieferten ein Set, dass ihren Bühnenperformances in nichts nachstand und man ihren unverkennbaren Kopfstimmen ehrlich gesagt nicht zugetraut hätte – sofern man ihr Remixtape nicht kennt.
Zurück in die Zukunft: Für Morgan Geist war es schon zu spät (tammi!) und Maurice Fulton spielte mit dem Publikum, wie es Katzen mit eingefangenen Mäusen tun: Mal ekstasisch und gleich wieder gekonnt zurück zu discolastigen Klassikern. Ein weiteres Highlight bis ins Morgengrauen. Dieses Grauen hielt am Sonntag glücklicherweise wettermässig, wie mein Netflixabo durch und liess meine Seriosität verblassen.
Ohne Heinz Kohut in Ehren weiter in selbstpsychologischer Analyse zu versinken, ist der Weekender ein Highlight sondergleichen. Für die Red Bull Music Academy stellt ein ambitioniertes Team ein Projekt auf die Beine, das einzigartig ist und ich bereue es, nicht mehr gesehen zu haben – beispielsweise die Neuvertonung des Filmsklassikers Vampyr von Nicola Ratti.
Was ich die ganze Zeit jedoch nicht gesehen habe, waren Red Bull Dosen. Dies mag einerseits daran liegen, dass es ein Event für die Academy ist. Anderseits aber ganz sicher auch daran, dass der Event viele Freiheiten geniesst und enorm authentisch ist. Das Wichtigste ist und bleibt die Musik und ihre Ausläufer – alles andere wird zur Nebensache. Ich bin gespannt, was uns 2018 nach der diesjährigen YONEX Halle und dem Grossmünster im Jahr 2016 Neues erwartet!
Tobias Jundt freut sich bestimmt schon jetzt wieder:
Alle Bilder wurden uns von RBMA zur Verfügung gestellt.