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Anfangs August nahm Arnold Meyer am ersten «Sleep» Konzert in der Schweiz von Max Richter teil. Für Unsere Beweggründe blickt der Technopapst zurück auf den rund achtstündigen Anlass in Zürich


Am 5. 8. performte der 51-jährige deutsch-britische Neo-Klassik- und Post-Minimal Music-Komponist Max Richter in der Halle 622 in Zürich-Oerlikon von 24 Uhr bis 8 Uhr morgens sein ambitioniertestes Werk: „Sleep“, 2015 als CD-Box beim Klassik-Label Deutsche Grammophon erschienen (auf dem auch schon Carl Craig & Moritz von Oswald veröffentlichten und Tale of Us ihr jüngstes Werk herausgaben). Begleitet von fünf Streichern (zwei Violinen, Viola, zwei Violoncelli), und einer Sopranistin, führte er dieses den verschiedenen Phasen des menschlichen Biorhythmus angepasstes Werk auf. Er liess sich dafür vom US-Neurowissenschaftler David Ealgeman beraten. Als „most beautiful noise next to silence“ (in Anlehnung an das Label-Motto des Münchner ECM-Labels) könnte man die Musik von „Sleep“ beschreiben. Der 1966 in Hameln geborene Komponist steht dabei acht Stunden nahezu ununterbrochen am Klavier und Laptop. Sanfte, hallende Piano-Akkorde werden bei diesem eine ganze Nacht dauernden Wiegenlied immer wieder variiert, ähnlich wie es Philip Glass mit seiner Minimal-Pianomusik handhabt. Zwischendurch ertönen ab dem Laptop tiefe Basstöne. Nicht umsonst hat Max Richter, der an der University of Edinburgh und an der Royal Academy of Music in London Komposition und Klavier studierte und in Florenz Schüler des bedeutenden italienischen Avantgardisten Luciano Berio war, auch Wurzeln in der Ambient-Szene. 1997 arbeitete er erstmals mit Future Sound of London zusammen für den Song “We Have Explosive” (auf manipulierten Run DMC-Samples beruhend), das ein Jahr vor dem Release im Videogame “WipE’out 2097” zu finden war.

Sleep - Max Richter (Zurich)

Zwar ist „Sleep“ als funktionale Musik gedacht, als Unterstützung zum Einschlafen, doch die düsteren elektronischen Klänge verhindern ein ungestörtes Einschlafen, was „Sleep“ (auch als 1-Stunden-Version namens „From Sleep“ erhältlich) weit von Meditations-Musik wegrückt. Das Ausloten der Grenzen der menschlichen Wahrnehmung, welche Richter mit seinem Opus Magnum anstrebte, hat etwas Bewusstseinserweiterndes. Avantgardistisch auch die Sopranistin Grace Davidson mit ihren anspruchsvollen Lautmalereien. Ähnlich wie Ennio Morricone in seinen Soundtracks, setzt Richter die Stimme als Instrument ein. Die Streicher Steve Morris, Frances Dewar, Nick Barr, Caroline Dale und Chris Worsey tauchen immer wieder auf, pausieren manchmal aber auch für längere Zeit.

Im März 2016 feierte das Overnight-Konzert seine Premiere im Kraftwerk Berlin (wo auch Yello ihre Tour starteten), im Juni folgte das Sydney Opera House, im Juli 2017 waren Madrid und Amsterdam an der Reihe, im November wird die Philharmonie de Paris (und zwar die Grand Salle Pierre Boulez) als Austragungsort fungieren.

Im Gegensatz zu Berlin, wo die 400 Besucher auf einfachen Feldbetten übernachten mussten, stiftete in Zürich das blaugelbe Möbelhaus aus Schweden die Betten und lud durch eine Verlosung 120 glückliche Gewinner zu diesem Experiment ein, das in dieser Form einmalig ist. (Die Betten wurden anschliessend Pfarrer Sieber gespendet). Selten war das Engagement eines Sponsors so unaufdringlich wie an diesem Event, die im Rahmen einer längeren PR-Aktion zum Thema Schlaf stattfand, auch diese war äusserst dezent eingebettet und ein Musterbeispiel für anspruchsvolle Werbung.

Sleep - Max Richter (Zurich)

Mit Max Richter, der dieses Jahr das Montreux Jazz Festival eröffnete, konnte auch einer der ganz Grossen der Neo-Klassik erstmals nach Zürich geholt werden. (Im Mai kommt dann mit Nils Frahm ein weiterer Könner nach Zürich, ins X-tra). Neben seinen Soundtracks «Waltz with Bashir», «Shutter Island», «Die Rückkehr nach Montauk» und seiner Neuinterpretation von Vivaldis «Vier Jahreszeiten» für die Deutsche Grammophon, muss man unbedingt auch seine hervorragende Untermalung der Netflix-Serie „Black Mirror“ erwähnen: seit „The Hours“ von Philip Glass definitiv der schönste Klang neben der Stille.


Verfasste für Unsere Beweggründe einen Gastbeitrag: Arnold Meyer

Arnold Meyer


Alle Bilder vom Konzert von Alexandra Steinegger

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