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Die Künstlerin Molekühl besteht aus verschiedenen Teilchen. Bei all diesen Teilchen spielt Musik die Hauptrolle. Sei es als DJ, Musikerin oder Organisatorin von Veranstaltungen – sie hat in dutzenden Projekten mitgewirkt. Eine musikalische Allrounderin, die mit viel Liebe zum Detail zum Perfektionismus neigt. Ihr einzigartiger Background, ihre ganz und gar eigene musikalische Handschrift, gekoppelt mit den äusserst zugänglichen wie auch charmanten Charaktereigenschaften, machen sie zu einer Persönlichkeit, die ihresgleichen sucht. Lange scheinbar unsichtbar, ist sie in den letzten Jahren aufgeblüht und teilt ihre Liebe zur Musik mit einem grösseren Publikum.

UBWG-Redaktor Cédric Kuhn hat Mirjam Gautschi alias Molekühl zu Beginn des Monats getroffen und sich mit ihr über ihren künstlerischen und persönlichen Werdegang unterhalten. Mirjam ist DJ, Produzentin und bis Ende Jahr noch Mitglied der Betriebsleitung des Kraftfelds Winterthur. Zusammen haben die beiden einen Blick zurück und nach vorne geworfen und sich unter anderem über das Comeback von Trance und die Wichtigkeit von diversen Bookings unterhalten.


Hallo Mirjam! Schön, dass du Zeit gefunden hast! Ich freue mich, Dich noch besser kennenzulernen. Beginnen wir von vorne – wie bist du in Deiner Kindheit mit Musik in Kontakt gekommen?

Vielen Dank für die Einladung, Cédric! Ich bin schon in sehr jungem Alter, insbesondere durch das Radio und MTV – als MTV noch ein Musiksender war – mit Musik in Kontakt gekommen. Ich erinnere mich, wie ich im Vorschulalter mit geschlossenen Augen auf dem Sofa lag und zum Beispiel Vangelis oder Enya hörte (und weinte). Ambient/New Age, Pop und mehrstimmige Gesänge haben es mir schon früh angetan. Die Musik hat seit jeher eine grosse Rolle in meinem Leben gespielt.

Und wann konntest Du dem Drang, selbst Musik zu machen, nicht länger widerstehen?

Ich habe in der ersten Klasse mit der Blockflöte begonnen. Mir hat aber das Begleitinstrument unserer Lehrerin viel besser gefallen. Aus diesem Grund habe ich dann angefangen Klavier zu spielen, nahm über zwölf Jahre Unterricht und fing auch schon früh an, zu improvisieren und eigene Stücke zu schreiben. Als junger Teenie gründete ich eine Girlband, bei der ich die Popsongs schrieb und mit dem Keyboard begleitete. Danach folgte eine sehr inspirierte Phase, in der ich viele Klavierstücke, teils mit Gesang, komponierte und eine EP aufnahm.

Das Klavier hat Dich sehr lange begleitet. Deine Musikinteressen fallen aber weitaus grösser aus. Inwiefern hat Dich Dein Studium in Musikwissenschaften an der Universität Zürich (UZH) weitergebracht?

Mit dem Studium konnte ich mein Interesse an der Musik vertiefen und habe mir viel Wissen angeeignet. Die akribische Auseinandersetzung, das tiefe Eindringen in die Materie, in einzelne Werke und Epochen, war sinnbildlich für meine Zeit als Studentin. Gleichzeitig ist mir damals wie heute wichtig, dass ich meine künstlerische Freiheit bewahren kann.

Interessant! Du würdest dich also als detailversessen beschreiben?

Definitiv! Ich gehe sehr gerne in die Tiefe, möchte alles auseinandernehmen und ausloten. Auch heute noch liebe ich es, Musik zu analysieren und quasi mit der Lupe zu hören.

Ich habe mich vom Historischen abgewendet, weil ich mich nicht länger mit toten Männern beschäftigen wollte.

Mirjam Gautschi alias Molekühl über ihr Studium in Musikwissenschaften.
In der Regel geht ein Studium mit zunehmendem Fortschritt mehr ins Detail. Worauf hast Du Dich in deinem Master-Studium fokussiert?

Mein Schwerpunkt lag auf (Alltags-)Geräuschen, den sogenannten Soundscape-Studies (Klanglandschaften). Ich habe mich vom Historischen abgewendet, weil ich mich nicht länger mit toten Männern beschäftigen wollte. Meine Masterarbeit war eine Soundscape-Komposition und hatte zu gleichen Teilen künstlerische wie auch wissenschaftliche Komponenten. Zudem hat mein Austauschsemester in Berlin mein breites Interesse an Musik viel mehr befriedigen können als die UZH. Ich besuchte beispielsweise ein Seminar über Noise Music, das super war.

Ich habe auch zwei Mal einen längeren Aufenthalt im Ausland gemacht. Es tut schon gut die eigene Komfortzone zu verlassen, neue (soziale) Erfahrungen zu sammeln und Kulturen kennenzulernen. In Form eines Auslandsemesters bietet sich dies ausgezeichnet an. Wie würdest du sagen hat Dich Berlin geprägt?

Ich konnte in Berlin sehr viele persönliche Knöpfe lösen und habe die Freude am Nachtleben entdeckt. Klingt vielleicht ein wenig nach Klischee, aber das Berghain war auch für mich ein wichtiger Ort. Das war im Jahr 2013. Ich hatte in Berlin so manche “Wow-Momente” in Bezug auf das einzigartige Nachtleben. Zuvor fühlte ich mich eigentlich nie wohl in Clubs. Das kulturelle Angebot war derart reizend, dass ich ständig unterwegs war. In dieser Zeit konnte ich mir (in einem positiven Sinn) eine “Scheiss Drauf-Attitüde” aneignen, mich frei fühlen und ganz nach meinem Gusto leben. Ich bin damals ausnahmsweise keinen vier Nebenjobs nachgegangen und hatte dementsprechend viel Zeit für mich.

In dieser Zeit konnte ich mir (in einem positiven Sinn) eine “Scheiss Drauf-Attitüde” aneignen, mich frei fühlen und ganz nach meinem Gusto leben.

Mirjam Gautschi alias Molekühl über ihren Aufenthalt in Berlin.
Klingt nach einem tollen halben Jahr. Mit elektronischer Musik bist du aber schon früher in Kontakt gekommen, oder?

Ja, in den frühen Teenie-Jahren habe ich insbesondere Trance ins Herzen geschlossen. Ich habe, wie schon gesagt, bereits als Kind viel Musik, unter anderem auch elektronische Musik, gehört. Gigi D’Agostino ist für mich heute noch ein Held. In dieser Zeit habe ich auch Mixtapes für unseren Turnunterricht zusammengestellt. Das waren wohl meine ersten Schritte als DJ. Meine Trance-Verbundenheit ist bis heute intakt und ich spiele es immer noch gerne.

Für welche Trance-Jahre interessierst Du Dich am meisten?

Wenn ich mir meine Plattensammlung anschaue, besitze ich viel Techno und Trance aus den Jahren 1996 bis 1999. Ansonsten interessiere ich mich aber schon für die gesamte Bandbreite der elektronischen Musik.

Molekühl mit einem “late 90s” Techno-Set für die Podcast-Reihe von Kapitelcast.
Und was hältst Du davon, dass Trance aktuell ein Revival erlebt?

Oh ja, Trance ist wieder sehr aufgekommen. Ich verfolge die Entwicklung, weil es mich interessiert und ich freue mich, dass Trance wieder da ist. Und das obwohl ich mit den neuen Releases nicht so warm werde. Ich mag mich erinnern, dass ich mich beim Rhizom Festival 2018 fast nicht getraut hätte, Trance (down pitched auf rund 100bpm) in mein Set einzubinden, weil es so ausser Mode war.

Du spielst auch oft live und hast eigene Produktionen. Was fasziniert Dich daran?

Stimmt. Ich habe mir jedoch erst nach meinem Universitätsabschluss den lang ersehnten Wunsch erfüllt und mir Synthesizer gekauft. Daraufhin hatte ich bald auch erste Live-Auftritte, mit anderen Musiker*innen oder solo. Mir gefällt daran vor allem die Improvisation, das sich fallen lassen, sich dem Moment hingeben, sich voll und ganz in der Musik zu verlieren und alles andere zu vergessen.

Woher kommt die Inspiration für Deine eigene Musik?

Meine Ideen entstehen im Kopf und Inspirationen hole ich mir überall im Alltag. So beginne ich im Kopf Rhythmen, Akkordprogressionen und Melodien zu skizzieren. Oder die Tracks entstehen direkt beim Improvisieren.

Welche anderen Musikprojekte hast Du in jüngster Vergangenheit verfolgt?

Ich habe in den verschiedensten Projekten mitgewirkt. Ich habe zum Beispiel Livemusik für ein Kochperformance gemacht, Filmmusik geschrieben, ein Orgelkonzert gespielt und mein Trio “rho”, bestehend aus Synthesizer, Saxophon und Tanz, gibt es auch immer noch.

Molekühl an der Erlebnis.xyz – ein experimentelles Musikprojekt, das aussergewöhnliche Venues bespielt (hier: Kirche Enge ZH).
Patriarchale Strukturen und weitere soziale Gegebenheiten haben zur Folge, dass sich der Einstieg in die Musikbranche für gewisse Personengruppen schwieriger gestaltet als für andere. Fortschritte sind erkennbar, doch sind wir noch weit entfernt von einem gesellschaftlichen ‘Idealzustand’. Inwiefern hat Dich dies beeinflusst?

Dies spürte ich leider stark. Mein Vater war dagegen, dass ich Musik studieren und zum Beruf machen wollte. Auch fehlte es mir an weiblichen Vorbildern. Ich war sehr schüchtern und zu wenig selbstbewusst, den Weg als Musikerin und DJ einzuschlagen. Lange habe ich mich nicht getraut, Synths zu kaufen. Dies aus Angst, dass ich es nicht verstehen würde (Technikphobie). Beim Auflegen war’s noch schlimmer, da ich schlicht keine einzige weibliche DJ (ausser Lady Tom und DJ Tatana) gekannt habe. Aus diesem Grund hatte ich viele Jahre nur im kleinen, privaten Rahmen aufgelegt. Die Männerdomäne schüchterte mich zu sehr ein.

Du scheinst mit Musik in jegliche Gewässer vorzudringen. Neben Live-Auftritten und anderen Projekten hast Du auch regelmässige Aufritte als DJ. Wie gefällt es dir als Vinyl-DJ hinter den Turntables?

Das erste Mal habe ich mit rund 18 Jahren vor Publikum aufgelegt. Erst seit dem Jahr 2017/18 habe ich begonnen regelmässig zu spielen. Es hat sehr lang in mir geschlummert und dann ist es plötzlich ganz schnell gegangen und ich konnte ausbrechen – zum Glück! Es gefällt mir extrem! Auch hier ist es wieder das Abschalten und das Gefühl, ganz in der Musik zu sein, das ich so liebe. Ich bin froh, dass ich meine Schüchternheit – zumindest hinter den Decks – ablegen konnte.

Wie würdest du den Musikstil beschreiben, den Du beim Auflegen verfolgst?

Ich spiele ziemlich breit, von Ambient, Experimental über Broken Beats bis hin zu Techno (in vielen Facetten) und Oldschool Trance. Tendenziell eher dunkel und kantig. Grundsätzlich lege ich Wert auf einen roten Faden, beziehungsweise auf die Dramaturgie innerhalb eines Sets. Für mich ist ein DJ-Set wie eine Komposition; die Tracks sind die einzelnen Elemente oder Themen, die sich entwickeln.

Ich lege Wert auf den roten Faden, auf die Dramaturgie innerhalb eines Sets.

Mirjam Gautschi alias Molekühl
Will heissen, Du investierst viel Zeit in die Vorbereitung deiner Sets?

Das kann man wohl so sagen. Ich mag es “süüferli” zu kuratieren. So können für ein zweistündiges DJ-Set gut und gerne zehn Stunden Vorbereitung draufgehen – ohne diggen und Musik kaufen!


Als Teil der Betriebsleitung des Kraftfelds in Winterthur bist Du seit September 2019 für das Programm zuständig. Kannst Du Deine Tätigkeit näher beschreiben?

Als Teil eines dreiköpfigen Booking-Teams organisiere ich Partys, Konzerte und andere Events. Mein Fokus liegt auf den (elektronischen) Clubnächten. Zu meinem Aufgabenbereich gehört allgemein das Organisieren von Veranstaltungen, das Scouten von Künstler*innen, das Schreiben von Texten sowie Artist Care, die Vor-Produktion und das Budgetieren. Kurz gesagt: Der Job umfasst das gesamte Spektrum des Veranstaltens und ist äusserst vielseitig.

Worauf gibst Du Acht beim Booking, was ist Dir wichtig?

Mein Fokus liegt insbesondere auf der Diversität und dies in vielseitiger Hinsicht: Gender, Stil, Alter, Newcomer*innen und erfahrene Artists. In diesen gut drei Jahren war es mir ein grosses Anliegen, FLINTA*s zu fördern. Dies, weil es mir persönlich sehr lange gefehlt hat, äusserst wichtig ist und ich der Meinung bin, dass man als Club eine gesellschaftliche Verantwortung trägt.

Ich bin der Meinung, dass man als Club eine gesellschaftliche Verantwortung trägt.

Mirjam Gautschi alias Molekühl
Nun gibst Du das Amt per Ende Jahr ab – worauf möchtest Du Dich dann vermehrt fokussieren?

Auf die Musik! Weil es das ist, was ich am meisten liebe und wofür ich lebe. Ich will schon seit Ewigkeiten ein Album machen. Leider habe ich nie Zeit gefunden. Live zu spielen macht mir viel Spass und ich möchte mich vermehrt darauf konzentrieren.

Wo siehst Du Dich – musikspezifisch – in zehn Jahren?

Ich würde gerne etwas für Chor und Orgel – nicht im kirchlichen Kontext – geschrieben haben. Zudem sehe ich mich noch mehr in interdisziplinären Projekten, sei dies im Tanz-, Theater- oder Kunstbereich. Ich kann mir auch gut vorstellen, Musiktheorie und Gehörbildung zu unterrichten und/oder als Sounddesignerin zu arbeiten.

Vielen Dank für die ausführlichen und spannenden Antworten, Mirjam! Ich wünsche dir für die Zukunft alles Gute!

Bilder im Beitrag: zvg. Mirjam Gautschi

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