Seit bald vier Jahren sendet Christian Gamp mit seinem Radio Gegen den Strom – GDS.FM – ununterbrochen Musik über den digitalen Äther.
Damit hat er Zürich ein Stadtradio geschenkt, das einen sehr wichtigen Beitrag zur Musikszene der Stadt geleistet hat und immer noch leistet. Viele mögen sich noch erinnern, wie Gamp und sein Team unermüdlich auf der Suche nach einer Heimat waren. Kurzzeitig hat es sich das Nomadenradio über die Winter- und Herbstmonate im Kauz gemütlich gemacht. Dazu war man mit dem Pop-up Studio in der ganzen Stadt präsent. Die Ida-Platz-Residency ist noch bei vielen im Gedächtnis verankert.
Ein Jahr ist nun vergangen, seit GDS.FM sesshaft wurde. Mit dem Sender eröffnete vor 365 Tagen die Bar an der Kurzgasse 4. Zwischen Langstrasse, Helvetiaplatz und Brauerstrasse, im verruchten Chreis Cheib fand man das langersehnte Zuhause. Mehr als höchste Zeit um nachzufragen, wie man sich eingelebt hat. Mit Christian Gamp treffen wir uns in den Büroräumen oberhalb des Lokals zum Gespräch.
Wir beginnen gleich mit einer Reporter-Frage: Christian Gamp, 1 Jahr Sender – Wie fühlt sich das an?
Super! Es freut mich sehr, dass wir es ein Jahr geschafft haben. Auch wenn es viel anstrengender war als erwartet, bin ich glücklich den Schritt gewagt zu haben. Es ist befriedigend zu sehen, wie viele Leute bei uns Spass haben. Eine spezielle Freude ist natürlich immer, wenn neue Leute GDS-Member werden, weil sie den Sender toll finden ohne GDS.FM vorher gekannt zu haben.
Wie zufrieden bist du mit der Entwicklung des Lokals?
Selbstkritisch betrachtet können wir uns noch verbessern. Es macht sehr Spass, wenn eine Band wie Ätna aus Deutschland den Laden füllen. Wiederum haben wir spannende unbekannte Künstler, bei denen es wenig Besucher hat. Jetzt müssen wir daran arbeiten unser Publikum von den Qualitäten der Künstler zu überzeugen, die bei uns spielen.
Nach aussen kennt man vor allem dich als Person hinter GDS und jetzt auch des Senders. Wer gehört noch zum Team?
Das Kernteam an der Bar sind Rosi und ich. Dann haben wir ein Barteam, das zurzeit aus fünf Personen besteht. Dazu kommt ein Mann an der Tür,. Die Kommunikation fürs Radio und den Sender macht David Mehr. Das heisst er schreibt die Newsletter, erstellt die Facebook-Events und macht Medienarbeit. Dazu kümmert er sich mit mir ums Booking. Wenn man über den Sender hinausschaut, haben wir natürlich den Verein GDS.FM mit all seinen Mitgliedern und Artists.
Was hast du für dich persönlich gelernt in den 365 Tagen?
Seit einem Jahr bin ich jetzt selbstständig. Davor hatte ich immer einen sicheren 80 Prozent, später dann 40 Prozent Job. Ich wusste immer, wie ich meine Miete bezahle, heute trage ich mehr oder weniger selbst die Verantwortung dafür. Ein durchzogener Abend schlägt sich sofort auf die Stimmung nieder. Brummt der Laden, fühlt man sich dafür extrem bestätigt. Als Angestellter in einer Firma, hast du alle paar Monate ein Gespräch mit deinem Chef, wobei deine Leistungen angeschaut werden und neue Ziele gesetzt werden. Wenn du dein eigener Chef bist, hast du das jeden Abend bei der Buchhaltung oder dem Feedback der Gäste.
Machst du nun das Mitarbeitergespräch mit dir selber, bei dem du dir Ziele setzt?
Das versuche ich natürlich. Gemeinsam mit David reflektiere ich mich und auch unsere Arbeit ständig. Zudem habe ich Leute um mich rum, die Erfahrungen in der Gastronomie haben und die mich beraten. Wenn wir gerade bei Zielen sind. Ein wichtiges ist, dass wir uns wieder verstärkt auf GDS konzentrieren wollen. Also das Radio wieder stärken. Persönlich finde ich es sehr schade, dass es zu kurz kam seit der Sendereröffnung. Wir mussten uns so stark auf die Bar konzentrieren, was dazu führte, dass zb nur wenige neue Setblocks hinzu kamen.
Denkst du es hat sich etwas an der Positionierung von GDS als nicht kommerzielles Radio verändert seit der Eröffnung des Senders?
GDS.FM und der Sender sind zwei eigenständige Organisationen. Das Radio ist ein Verein und die Bar ist eine GmbH. Das ist wichtig zu sagen: Die GDS-Mitglieder bezahlen ganz klar für den Verein also fürs Radio und bezahlen nicht die Löhne der Barkeeper im Sender. Umgekehrt gehen die Bareinnahmen auch nicht ans Radio. Ebenfalls bezahlt die Bar die Gagen der Acts und DJs. Der Verein wiederum bezahlt etwas an die Miete, hat dafür hier sein Studio.
An welche DJs die in dem Jahr im Sender gespielt haben, erinnerst du dich speziell?
Mir fallen spontan gleich zwei Abende ein, an denen DJs hervorragend gespielt haben. Das war zum einen Look Like und die beiden Sentiment-Jungs. Look Like haben wir dann gleich fürs GDS Jubiläum Ende April im Stall 6 zusammen mit Baze, Rizzoknor & Lilabungalow gebucht. Es gibt natürlich noch viele mehr. Letzten Freitag zum Beispiel haben Lexx und Honey-K ein grandioses Set gespielt.
Die Bar im Sender. Foto: Nico Schaerer
Wenn wir über das Sender-Jubiläum hinausschauen, was plant ihr für die Zukunft?
In den nächsten Monaten gibt’s wieder einige Acts auf die ich mich speziell freue. Zum Beispiel Letherette aus England, Jon Hood, Guy Mandon, die erste Motherlandnacht im Sender und viele weitere vielseitigste Konzerte und Partys. Dann möchten wir irgendwann auch an weiteren Tagen den Sender öffnen. Das ist aber nur möglich, wenn wir mehr Mitarbeiter einstellen können, zurzeit können wir das nicht stemmen. Bald wollen wir die jetzt noch vorproduzierten Setblocks live aus dem Sender senden. Der Sender soll noch mehr zum Radiostudio werden. Nachts Club, tagsüber Kafi, Studio, Bar und Treffpunkt. Im Sommer eignet sich dafür auch unser Garten wunderbar.
Wollt ihr mit dem Radio im Sommer auch wieder nach draussen zu den Leuten?
Durch die Verantwortung mit dem Sender, konnten wir nicht mehr ein Nomaden-Radio sein. Deshalb mussten wir leider viele spannende Events absagen, wie zum Beispiel die Lethargy – wo wir aber hoffentlich in diesem Jahr wieder dabei sind. An der Bad Bonn Kilbi oder am Brupbacherplatzfest sind wir aber sicher vertreten. Unser Ziel ist es aber durchaus wieder unternehmensfreudiger zu werden. Es ist einfach schwierig zweigleisig zu fahren, da uns schlicht auch die Manpower dafür fehlt. Wenn wir mehr Leute anstellen können und eine höhere Kontinuität mit den Gästen im Sender erreichen, dann gehen wir wieder mehr raus. Versprochen!
Was erwartet uns am Jubiläumswochenende?
David hatte die Idee, thematisch nach Labels zu gliedern. Wir haben darauf verschiedenste Labels angeschrieben, die schon lange mit uns arbeiten und haben gesagt, wir möchten, dass ihr das Programm für einen Abend gestaltet. So ist dann ein Programm über vier Abende zustande gekommen. Nice Try Records mit einem Konzert von None Of Them am Donnerstag. Am Freitag kuratiert Dave Eleaonor von BlauBlau Records den Abend und am Samstag spielen Lexx, Kejeblos und Ron Shiller von Phantom Island. Als Special haben wir am Sonntag noch einen Rave mit Ozelot um Manuel Fischer, Prioleau und Abdel Hady. Das ganze natürlich mit Freinächten am Donnerstag und Sonntag, weil wir am Montag ja alle frei haben. Natürlich bräuchte es nicht vier Abende Jubiläum, wir konnten aber einfach nicht unser ganzes Wunschprogramm in einen Abend quetschen.