Zima Blue via Zima Records

Von Kreativität und der Kraft der Geduld: Im Interview mit Zima Records


Das Zürcher Label «Zima Records» macht seit geraumer Zeit mit einem vielseitigen Engagement von sich reden und sorgt dafür, dass sich in der schnell-scheppernden Sparte der elektronischen Musik so einiges tut. Nebst zahlreichen Events, veröffentlicht das Label auch immer wieder spannende Releases. Erst kürzlich erschien die «Floorclearerz»-EP – ein mitreissendes Werk, welches uns dazu veranlasst hat, mit den «Zima»-Gründern einige Worte zu wechseln und einen Blick auf deren Werdegang zu werfen.

Hinter dem umtriebigen Zürcher Label Zima Records stehen Ron Bausch alias 13enkei, Luca Barandun alias Der Primarlehrer und Thibaut Noël alias GCOD. Die drei Gründer, welche gemeinsam als Zima Blue auftreten, bereichern mit «Zima Records» die elektronische Musikszene der Limmatstadt seit geraumer Zeit. Erst Mitte März veröffentlichten sie auf dem Imprint die vierteilige «Floorclearerz»-EP von 13enkei und GCOD. Eine spannende Veröffentlichung, die das unermüdliche Engagement des Labels unterstreicht. «Floorclearerz» ist ein mitreissendes und grooviges Werk, das die unterschiedlichsten Genres miteinander verbindet und definitiv in den Club gehört.

UBWG-Redaktor Helios White hat sich die Veröffentlichung angehört und sich zudem mit Ron Bausch, Luca Barandun und Thibaut Noël im Interview über deren Werdegang unterhalten. Ein Gespräch über Visionen, gemeinsame Auftritte und die Kraft der Geduld.

Die «Floorclearerz»-EP erschien am 14. März 2025 und ist unter anderem auf Bandcamp erhältlich.
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Wie habt ihr Euch kennengelernt und wie ist «Zima» entstanden?

Ron: Wir sind alle in der gleichen Region des Limmattals gross geworden. Ich bin Halb-Japaner und habe einen Freund mit japanischen Wurzeln, mit dem ich von klein auf ein brüderliches Verhältnis hatte. Irgendwann ist er nach Japan ausgewandert und hat dort zufällig Thibaut in einer deutschen Schule getroffen. Später kam dieser Freund zurück in die Schweiz und ein Jahr danach auch Thibaut. Ich kannte ihn bis dahin noch nicht, aber er war bekannt für seine legendären Homepartys. Auf einer davon sind wir uns dann irgendwann begegnet und haben uns sofort verstanden – vor allem wegen der Musik. Es hat einfach gepasst. Und nicht lange danach kam dann die Idee, ein eigenes Label zu gründen.

Luca: Ich kannte Ron schon aus dem Gymi, aber so richtig ins Gespräch gekommen, sind wir erst bei meiner Matura-Präsentation. Ich hatte einen Lautsprecher gebaut und Ron war einer der wenigen, der sich das wirklich interessiert angeschaut hat. Später haben wir uns dann zufällig bei meinem ersten Gig wiedergetroffen. Es waren nicht so viele Leute da und Ron hat sich das Ganze bis zum Schluss angehört. Eine anschliessende gemeinsame Nacht im damaligen Space Monki and the rest is history. Thibaut habe ich bei einem der legendären Possession-Weekender im EXIL kennengelernt. Die Party war wild und irgendwie hat es einfach direkt gepasst zwischen uns. Ab dem Moment war klar: Wir drei teilen die gleiche Energie, die gleiche Vision. Der «Love Triangle» war geboren und damit stand der Gründung des Labels nichts mehr im Wege.

Mögt ihr etwas mehr über Euren musikalische Werdegang erzählen, wie habt ihr den Zugang zur Szene gefunden?

Ron: Ich hatte im Gymi absolut keinen Bock und interessierte mich nur für Musik. Während dieser Zeit gründete ich eine Rock-Band, in der ich Gitarre und Bass spielte und gleichzeitig die Vocals übernahm. Das war mein Alltag, bis ich irgendwann merkte, dass es bei diesem Genre keine Szene gab, mit der ich mich so richtig identifizieren konnte. In der Rekrutenschule lernte ich dann ein Mitglied des Resident-DJ-Duos Kaleiko vom Nordstern kennen, der mich im Sommer ans Rheinknie einlud. Es war inmitten der Pandemie, also mit Maske und allem, aber trotzdem war dieses erste Mal auf dem Deck mit Âme an den Plattentellern eine prägende Erfahrung für mich.

Luca: Lustigerweise war es bei mir genauso wie bei Ron. Nach meinem 300-tägigen Durchdiener wurde ich im April 2018 auch für eine Nacht im Nordstern überredet. Dort spielte gerade Amelie Lens auf ihrem Höhepunkt und ab diesem Moment war es um mich geschehen. Als Kind bekam ich von meinen Eltern einen iPod Classic, wobei ich meine Musik darauf akribisch sortierte und ständig neue Tracks suchte. Das führte schliesslich dazu, dass ich bei allen Klassen- und Homepartys für den Sound zuständig war, weil alle wussten, dass ich musikalisch extrem breit aufgestellt war. Ich war also diesem «Für die Musik zuständig sein-Gefühl» schon seit der 4. Klasse ausgesetzt. Das Auflegen war der logische nächste Schritt.

Thibaut: Ich komme ursprünglich aus dem Hip-Hop und habe als Teenager Beats produziert. Damals hatte ich schon ein bisschen mit Auflegen angefangen, aber erst als ich bei den Homepartys sah, wie Ron das ziemlich im Griff hatte, wagte ich mich mit Ernsthaftigkeit an die Decks. Mein erster Rave (ebenfalls während der Pandemie) war dann im EXIL – diese eine Nacht, das war schon eine ziemlich heftige erste Erfahrung.


Thibaut, wenn wir gerade bei Dir sind: Aktuell produzierst Du viel und veröffentlichst auch auf verschiedenen Labels. Wie bist Du zum Produzieren gekommen und was motiviert Dich?

Thibaut: Wie gesagt, habe ich schon in meiner Jugend produziert und mir dazumal meine ersten Skills angeeignet. Der Umgang mit Ableton fiel mir von Anfang an leicht, auch wenn ich damals noch kein grosses Know-how hatte. Heute fühle ich mich um einiges sicherer und mein Workflow ist viel flüssiger – das verdanke ich mitunter meiner Disziplin und der Begeisterung aus meinen Teenager-Jahren. Ich arbeite täglich an meinen Produktionen und vertiefe die Prozesse immer weiter.


Welche musikalischen Einflüsse kommen in Eurem Sound zusammen? Was klingt bei Euch aus den Boxen, wenn ihr nicht im Club steht?

Luca: Ich höre hauptsächlich elektronisch produzierte Musik. Sie ist für mich die ultimative Form des musikalischen Ausdrucks. Der Kreativität des Menschen sind keine Grenzen gesetzt. Dabei ist mir eines besonders wichtig: Critical Listening – nicht einfach Musik im Hintergrund hören, sondern aktiv Zuhören und auf Struktur, Emotionen und Feinheiten in der Produktion achten. Am Morgen brauche ich allerdings etwas Ruhigeres. Wenn ich mit dem Velo zur Schule fahre, darf es nicht zu basslastig sein.

Thibaut: Ich höre immer noch ab und an Hip-Hop. Aber abgesehen davon, ziehe ich auch gerne einfachere Sachen der elektronischen Musik vor. Dazu gehört auch sinnliche Musik wie R&B à la Daniel Caesar, Frank Ocean und ähnliche Artists.

Ron: Ich tendiere immer mehr dazu, entspannte Musik zu hören, um einen Ausgleich zur intensiven Musik vom Wochenende zu finden. Ich höre besonders viel Musik aus Australien. Ich schätze Musik, die mit richtigen Instrumenten gespielt wird, was mich auch an meine Schulzeit erinnert. Aber jedes einzelne Lied muss für mich etwas Besonderes haben, genauso wie bei meinen Sets. Einen sogenannten «Tool-Track» wird man bei mir weniger hören.


Wann war Euer erster richtiger Auftritt?

Luca: Der war für uns alle im Werk 21 im Zürcher Dynamo an unserer eigenen Party im Jahr 2022. Dazumal kannte uns aber noch niemand wirklich. Der schnellste Weg an Bookings zukommen, war es also, uns an unseren eigenen Events zu booken – und so entstand dann ZIMA.



Was ist Euch von dieser Nacht geblieben?

Luca: Zunächst war da dieses überwältigende Gefühl, als wir realisierten, dass tatsächlich Menschen gekommen waren und Eintritt bezahlten. Es war ein Moment, der die Bedeutung der Nacht unterstrich. Beim Closing entstand dann ein legendäres Bild mit ein paar Schlüsselfiguren aus der Szene – ein Moment voller Energie und Symbolik. Wir hatten es also geschafft – wichtige, namhafte Persönlichkeiten aus der Szene an unserer Party zu versammeln. Aber alles in allem blieb uns einfach allgemein die Nacht in Erinnerung. Etwas, das wir nie vergessen werden!


 
Gab es ein Label, das euch inspiriert hat, selbst Partys zu schmeissen?

Ron: Einerseits gab es das Kollektiv «Impulsive High Hats» im Space 2.0, welches dazumal einen tollen Community-Vibe hatte, ebenso wie das Label «Adroit», das schon damals auf einer sehr professionellen Ebene unterwegs war. Letzteres zählt heute noch auf ein loyales Stammpublikum, das Event für Event auf der Tanzfläche steht.Sie alle haben uns sehr inspiriert. Letztendlich sind wir auch dem «Madkatz»-Team und dem EXIL sehr dankbar, sie haben uns vieles ermöglicht.

Die Zima-Crew vor dem Zürcher EXIL Club (Bild via Zima Records)

Der Werdegang Eures Labels ist beeindruckend: Im Frühling 2022 habt ihr die erste Party im Dynamo gefeiert, danach hattet ihr eine Sommerresidenz im Rooftop 54 in Dietikon und ein Jahr später folgte dann die erste grosse internationale Kollaboration in der Zentralwäscherei mit «Meta Rave» – ebenso gab es im Jahr 2023 eine Zusammenarbeit mit dem renommierten Basler Club Elysia.

Ron: Ich denke, dass dieser Erfolg unserer tiefgreifenden Motivation geschuldet ist. Wir dürfen mit Stolz sagen, dass wir alle drei wirklich engagiert waren und viel Zeit in den Aufbau des Labels und in das Knüpfen und Pflegen von Beziehungen gesteckt haben. Es war viel Arbeit, oft ohne Bezahlung und ohne den Gedanken an einen schnellen Gewinn. Aber das war auch nie unser Ziel. Vielmehr ging es uns darum, authentisch zu bleiben und uns stetig weiterzuentwickeln. Diese Herangehensweise hat sich für uns gelohnt. Wir hatten immer gute Beziehungen zu den Menschen um uns – und wir haben uns aufs Wesentliche konzentriert. Das hat uns viele Türen geöffnet.

Luca: Die Menschen um uns herum verstehen den Vibe, den wir mit «Zima» leben und ausstrahlen. Aber nicht nur in musikalischer Hinsicht, denn es geht um mehr als nur Musik. Es geht um die Atmosphäre und um das Gefühl, das wir gemeinsam kreieren. Geduld war immer ein wichtiger Faktor. Wir wussten, dass es entscheidend ist, die eigenen Grenzen zu kennen und den Wert unseres Labels zu verstehen. Man sollte nicht zu früh bei Clubs anklopfen, ohne etwas bieten zu können. Timing ist alles. Absagen und Niederlagen gehören dazu – sie sind unvermeidlich und müssen einfach akzeptiert werden, um weiterzumachen.



Im Dezember 2022 habt ihr Euer erstes VA-Release veröffentlicht. Wie gestaltet sich der gesamte Musik- und Release-Bereich von «Zima» und welche Ziele verfolgt ihr damit? 

Ron: Unser Ziel ist es, eine schweizweite Plattform für elektronischen Musik zu etablieren, die in den schnelleren musikalischen Gefilden anzusiedeln ist. Da wir alle während der Pandemie in die Szene eintauchten, bemerkten wir schnell, dass es an einer Organisation oder Plattform fehlt, die jungen Künstler:innen hierzulande die Möglichkeit bietet, anzuklopfen und ihre Musik schnell zu verbreiten. Natürlich kann heute Musik über Soundcloud oder Spotify selbst veröffentlicht werden, doch dies birgt das Risiko eines «Hit or Miss». Auch wird die Musik oft nicht in allen vier Landesteilen gleich gehört.

Thibaut: Als ich mit dem Produzieren begann, wusste ich von keinem Label, das sich für diese Art von Musik interessierte oder zumindest Releases oder Release-Möglichkeiten in diesem Bereich anbot. Ich war gezwungen, im Ausland nach Möglichkeiten zu suchen, damit meine Musik auf einer Plattform Gehör fand. In der Regel treffe ich beim Feiern in Zürich keine Person eines Plattenlabels, wie es vielleicht in grösseren Städten wie Berlin oder London eher der Fall sein könnte. Auch ist in der Schweiz die Connection zwischen der Deutschschweiz und der Romandie nicht immer gegeben – sicherlich auch wegen der Sprachbarriere. Ich hoffe aber, dass sich diese Trennung in nächster Zeit etwas auflösen wird.

Luca: Es ist natürlich erwähnenswert, dass wir aus den genannten Gründen unseren Namen von «Zima Techno» zu «Zima Records» geändert haben – einfach, damit alle verstehen, dass wir mit diesem Projekt wirklich auf allen Ebenen am Start sind.



Wie steht es um das Label-Umfeld? Wer ist sonst noch mit von der Partie?

Ron: Da gibt es zum einen Cortez Millenium, der von Anfang dabei war und auch an unserer ersten Party an den Decks stand. Erwähnenswert ist dabei, dass er zusammen mit SEVN77 das renommierte Label «Reckless» gründete und beide auch als Duo (SHIVER) fungierten. Zum anderen gibt es den Maestro Dschinn, der einfach krasse Tracks raushaut und kürzlich sogar einen Song mit DJ Traytrex veröffentlicht hat. Zu guter Letzt haben wir mit Megix eine absolute Überfliegerin in unseren Kreisen, welche nach nicht einmal zwei Jahren an den Turns bereits im Ausland gebucht wird.

Abschliessend: Welche Artists, EP’s und Labels sind bei Euch aktuell in der Dauerschlaufe, bzw. ganz vorne mit dabei?

Luca
Artist: Dual Monitor, Phasmid
Artist CH: Sensu
Label: Hardline, K7 Records
Track: Sadie Ama – Fallin‘ [Silva Bumpa Edit]

Thibaut
Artist: Rene Wise
Artist CH: Thomas Bianco
Label: SK Eleven, Kysh
Track: Overmono, The Streets – Turn the page

Ron
Artist: Nick Leon, Bitter Babe
Artist CH: BØ
Label: CloudCore
Track: Joy Orbison – Flight Fm

Im Interview für UBWG: Helios White alias Sonnenkind


Quellen: Zima Records