Juli Lees musikalische Handschrift ist geprägt von druckvollen Basslines und funkigen Grooves. Im Interview erzählt sie, wie ihre Songs entstehen, welche Tracks in ihrer Playlist landen und warum es sinnvoll ist, neben Perfektionismus auch den Zufall einzubauen.
Woran arbeitest du im Moment?
Ich habe gerade verschiedenen Remixes fertiggestellt und widme mich nun meiner nächsten EP. Ich sortiere Songideen und wähle die Favoriten aus, welche ich fertig produzieren möchte.
Welche Songs schaffen es in die engere Auswahl?
Ich hole mir dazu gerne die Meinungen von einer kleinen Auswahl an vertrauten Personen ein. Dies erleichtert mir die Auswahl enorm, da ich oft nach intensiver Auseinandersetzung mit einem Track etwas den Bezug dazu verliere, wie ich ihn einordnen soll.
Was machst du mit den Songs, die es nicht in die letzte Runde schaffen?
Ich versuche, diese Projekte später nochmals hervorzunehmen und in eine neue Richtung zu lenken. Ich lösche meist gewisse Spuren und füge dafür ein anderes Element oder ein Sample ein. Vieles bleibt aber auch einfach liegen.
Wie fängst du einen neuen Song an?
Meistens beginne ich mit einer Beatstruktur und baue den Song darauf auf. Es kann aber auch vorkommen, dass ich bereits eine Melodie im Kopf habe und das Arrangement um diese Melodie herum komponiere. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass auch der Zufall mitspielen kann: Bei der Auswahl der Synths habe ich selten eine genaue Vorstellung, wie sie klingen müssen und probiere alle möglichen Sounds aus.
Manchmal werfe ich auch die ursprüngliche Songidee über Bord, weil sich der Track in eine viel spannendere Richtung entwickelt. Dann entferne ich die ursprünglichen Signature-Spuren und arbeite an dem weiter, was mich am meisten inspiriert. Allerdings neige ich dazu, die Tracks etwas zu überladen. So können aus einem Projekt auch manchmal 2-3 Tracks entstehen.
Gleich geht’s weiter mit dem Interview, vorher ein kurzer Werbehinweis:
Du arbeitest mit Logic Pro. Wie bist du zu
dieser Software gekommen?
Über
Umwege. Meine allerersten Schritte machte ich mit dem Magic Music Maker. Ich
habe dann oft dessen Support mit Fragen zu gewissen Bearbeitungsschritten
bombardiert, allerdings mussten sie mir immer die gleiche Antwort geben,
nämlich dass dieses Programm die gewünschte Möglichkeit nicht bietet. Ich habe
deshalb weitere Programme ausprobiert: Zuerst Garage Band, weil ich das eh auf
dem Laptop hatte, dann Cubase und schliesslich Logic. Das Programm ist sehr
übersichtlich und wie der Name schon sagt, für mich sehr logisch aufgebaut. Ich
kann sehr schnell damit produzieren und komme selten in eine Situation, in der
das Programm an seine Grenzen stösst. Ich finde ausserdem, dass Logic sehr gut
tönt und auch die programm-internen Tools sind ganz passabel.
Spielst du deine eigenen Songs bei deinen DJ-Sets?
Selten. Mein Umfeld spielt meine Tracks viel häufiger als ich. Ich habe sehr hohe Ansprüche an meine eigenen Songs. Wenn ich sie laut in einem Club höre, würde ich meistens am liebsten sofort den Laptop aufklappen, das Projekt wieder hervornehmen und weiter daran herumfeilen, weil der Track oft auf jeder Anlage andere Schwächen offenbart. Einen Song so zu mischen, dass er quasi überall gut tönt, das ist wohl die grosse Kunst.
Wie wählst du die Tracks für deine DJ-Sets aus?
In erster Linie müssen mir die Songs intuitiv gefallen. Ich kaufe die Songs und wähle diejenigen aus, welche Druck haben, aber trotzdem nicht «lärmig» klingen. Ich erhalte auch sehr viele Promos zugeschickt, wovon ich den einen oder anderen Track herauspicke.
Hast du deine Playlist nach einer gewissen Logik geordnet?
Ich habe 3 Playlists mit mehreren tausend Tracks. Wirklich strukturiert sind diese Playlists allerdings nicht :-). Manche Songs bleiben für viele Jahre auf dem Rechner, andere lösche ich nach einer gewissen Zeit wieder. Dies hat vor allem damit zu tun, ob die Songs zeitlos sind oder ob sie einer gewissen Welle folgen und ich ihnen dann auch schnell wieder überdrüssig bin.
Erstellst du eine Set-Liste für deine Auftritte im Club?
Nein. Die Trackauswahl und die Reihenfolge mache ich immer während dem Set. Ein einstudiertes Programm würde mich langweilen. Ich möchte auf die Leute eingehen und spontan reagieren können. Es hängt zum Beispiel davon ab, welche Energie das Publikum hat, ob die Leute eher müde oder sehr aktiv sind und wie ich mich selber fühle.
Mehr über Juli Lee:
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