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Unser Redaktor Helios White wagte sich an die letztjährige Ausgabe des Polaris Festival. Seit seinem Besuch in Verbier ist zwar schon etwas Zeit verstrichen, White schwelgt aber immer noch in bester Erinnerungen – diese hat er nun zu (digitalem) Papier gebracht.

Mon dieu, wie komm ich nur hier rauf? Ich, der naive Züribueb, kam gerade erst nach einer vierstündigen Zugfahrt im schmucken walliser Dörfchen Le Châble an, doch meine Odyssee sollte noch etwas dauern. Ich hatte doch nicht alle diese Reisestrapazen auf mich genommen, um in der Dunkelheit des Tales zu verweilen. Ich wollte schliesslich hoch hinauf zum Polarstern! Naja, ganz so hoch dann doch nicht, aber mein Ziel glich dem Himmelsjuwel allemal. Im Schatten der Mitternachtssonne, wo der Himmel das Zelt der Träume umarmt und die Sterne auf der Bühne erwachen, versammeln sich Seelen aus allen Ecken des Universums am Polaris Festival. Einer dieser Seelen war ich, der den Aufzug in den Himmel suchte. Diese Suche sollte jedoch nur von kurzer Dauer sein, da der Bahnhof von Le Châble sich gleich unter der Gondelbahn-Station befand. Der Platz zwischen meine beiden Mundwinkel formte ein langgezogenes U, als ich in grossen Lettern das Wort “VERBIER” las.

Ein Wimpernschlag später sitze ich in diesem schwebenden Traumfänger, der mich immer weiter in Richtung der Gipfel hinaufbringt. Die Luft wird dünner, die Vorfreude dicker. Das Ziel rückt näher, und das Herz schlägt im Takt der fernen Bässe, als würde die Musik des Festivals bereits in der Bergluft mitschwingen. Me voila enfin à Verbier! Nach einem kurzen Zwischenstopp im gemieteten Chalet (Ein absolutes Muss, wenn man mich fragt), sehe ich schon der mit “POLARIS” beschriftete Bus ankommen.

Fürs Verständnis: Ich bin am zweiten Weekend (24. & 25. November) des Polaris Festival. Beim ersten Wochenende kam man am Freitag in den Genuss von Loop-Daddy Marc Rebillet, der bis jetzt nur zwei Mal einen Abstecher in der Schweiz machte (Montreux Jazz Festival und Plaza Klub Zürich). Dessen Stadtkameradin Natasha Diggs heizte vorher noch mit einem vierstündigen Set die Crowd ein. Die 45-Queen, die dafür bekannt ist, dass sie mit ihren 45-Vinyl-Sets die Massen rockt, tritt in die Fußstapfen eines reichen NYC-Nachtleben-Erbes. Weiter ging es mit jazzigem House vom talentierten Briten Coddy Currie bis KiNK und Marcel Dettmann den ersten Festivaltag mit fulminanten Sets beendeten. Der Samstag stand ganz im Sinne der Motor City Detroit. Anerkannte Künstler wie Carl Craig, Theo Parrish und Marcellus Pittman vereinten für einen Abend die Seele von Motown mit den futuristischen Klängen der elektronischen Ära.

Nach einem kurzen Erhaschen dieses Programs wusste ich, dass ich an diesem zweiten Festivalwochenende ganz sicher nicht enttäuscht werden würde. Der Portugiese Trikk musste meine Gedanken gelesen haben, denn als wir im transparenten Dom ankamen, fügten wir uns sogleich seinen verführerischen Melodien. Wie könnten wir auch anders, seit er vor sechs Jahren mit seiner EP ‘Mundo Ritual’ die Welt im Sturm eroberte. Kurz danach war die Italienerin Paula Tape an der Reihe, von der ich bis dato nicht viel gehört hatte. Ihr Set war jedoch schweisstreibend und der Innenraum begann sich langsam gut zu füllen.

Paula Tape (Bild: Helios White)

Ab 20:30 Uhr platzte dann der Dom aus allen Nähten. Einerseits lag es daran, dass Verbier gerade seinen ersten richtigen Schneefall erlebte und die Temperaturen ein längeres Verweilen im offenen Gelände nicht ermöglichten. Andererseits war nun Gerd Janson an der Reihe und die Kenner:innen unter euch wissen was das heisst. Der deutsch Tausendsassa beherrscht wie kein anderer das Jonglieren von Genres und durch überraschende Wendungen und eine mitreißende Energie das Publikum in seinen Bann ziehen kann. Auffällig: Gleich zweimal am selben Abend ertönt der Track “Immer” von Ede/Deckert feat. Sargland, welches auf Gerd Janson’s labeleigenem ‘Running Backs’ erschien. Bald soll auch noch eine schnellere Version von Landsmann Narciss herausgebracht werden.

Überfallartig überkommt uns dann der Hunger und wir wagen uns in die eisige Kälte zu einem der Essenstände, die mit eigener Musik und Dachvorsprung das Ausharren etwas angenehmer machen. Nach einer ordentlichen Portion Karaage (frittiertes Poulet auf japanischer Zubereitungsart), welches wir mit einem prickelnden Moscow Mule herunterspülen, wagt sich mein Freundeskreis zur ersten Reihe, um ja nicht das Set von Hunee zu verpassen. Der Bochumer mit koreanischen Wurzeln war schon 2018 und 2022 mit von der Partie und ist vor allem am Rheinknie ein bekannte Nummer, da er jedes Jahr mit dem Niederländer Antal die Osterglocken im Elysia erklingen lässt. Nach knapp zwei Stunden, gibts schweissgebadet eine kurze ‘Zigipause’, bevor wir sich Dixon ans Schlussmanöver des ersten Festivaltages wagt. Wie immer zeichnet sich der Innervisions-Labelboss durch eine eklektische, geschmackvolle Songauswahl und nahtlosem Mixing. Was für ein erster Abend!

Dixon (Bild: Helios White)

Die Sonne begrüsst uns am nächsten Tag bereits mit einem breiten Grinsen, als wir den ersten Kaffee mit Aussicht auf das verschneite Bergmassiv der Combins geniessen. Nach einem kurzen Abstecher zu den Off-Parties im charmanten Farinet und dem stilvollen Monoski in der vergangenen Nacht, ist dieses braune Lebenselixier nun beinahe von lebensnotwendiger Bedeutung. Doch der gelbe Himmelskörper bringt uns schnell wieder in die Gänge und wir vagabundieren in Verbier auf der Suche nach einem herzhaften Gericht. Schnell werden wir fündig und der Bauch hat wieder Boden, um ihn mit bizarren Gemischen zu belästigen. Nach einer längeren Entspannungszeit ist meine westschweizerische Truppe (man tut schliesslich was man kann gegen diesen elenden Röstigraben!) wieder vollständig betriebsbereit und nimmt Anlauf auf den zweiten Festivaltag.

Nach dem wir wieder beim Security-Check vorbei sind, werden wir durch DJ Deep’s deepe (höhö) Schwingungen begrüsst. Dass der Abend mit einem Pariser Urgestein beginnt und wieder mit einem anderen aufhört, merken wir erst ein paar Tage später, aber Chapeau allemal an die Programmation! Cyril Etienne, besser bekannt als DJ Deep, gelingt es in seinem Set, die perfekte Mischung zwischen dem Gefühl des Ankommens und der Leichtigkeit, sich nach dem ersten Drink im Einklang mit der Musik zu bewegen und mit den Schultern zu entspannen, zu kreieren. Herrlich um nach einer anstrengenden ersten Nacht wieder musikalisch Fuss zu fassen! Obwohl wir uns fest vorgenommen haben, nach seinem Set etwas zu essen, müssen wir unsere Pläne ändern, da als Nächstes ein exklusives und einstündiges Live-Set von der britischen Legende Mr. G folgt. Obwohl ich bisher noch nie im Genuss einer seiner Sets kam, so konnte ich ab diesem Abend verstehen, wieso er wükli so en G isch. Einerseits bringt er mit seinem Lo-Fi-House-Sound enormen Bass, der dennoch sauber ist und die Leute wirklich in Bewegung bringt. Andererseits ist er ein ultimativer Partystarter, da er als Künstler tatsächlich spürt, was er dem Publikum vermittelt, anstatt starr wie eine Säule dazustehen.

Mr. G (Bild: Helios White)

Nach diesem einstündigen Soundmarathon, sprinten wir noch die letzten paar Meter zu den Essenständen und tanken uns neue Energie für den restlichen Abend. Diese brauchen wir, um das kommende dreistündige Furioso von Chicago-House-Legende Ron Trent durchzustehen. Der Amerikaner gilt als einer der Architekten der Musikszene Chicagos. Sein Vorbild war sein Vater, der in den späten 70er Jahren einen Plattenladen betrieb. Diese Erziehung schuf das solide Fundament, das ihm ermöglichte, seit seinen frühen Teenagerjahren als angesehener und respektierter Künstler gesehen zu werden. Auch in den Walliser Alpen bekundet er keine Mühe die Menge in seinen Bann zu ziehen. Wie ein Mentalist, hypnotisiert er die Menge, indem eine lebendige Choreographie mit ihren Armen formen, die wie eine wogende Landschaft emporsteigt. Im zum bersten vollen Dom ist der musikalische Rauschzustand spätestens jetzt angelangt.

Wie vorhin erwähnt, startete dieser Abend mit dem Pariser Urgestein DJ Deep und würde ebenfalls von einem Pariser beendet werden. Niemand geringeres als die Kultfigur Laurent Garnier hatte sich die Veranstalter als Schlussbouquet dieses Festival vorgestellt, der die Menge sogleich in eine vibrierende Einheit verwandelte. Mit jedem Beat nahm die Intensität zu, während er geschickt zwischen treibendem Techno und melodischen Elementen jonglierte. Das Publikum, gefangen in der musikalischen Erzählung, antwortete mit Ekstase, die Arme noch weiter in die Luft hebend. Garnier las die Stimmung des Raums mit einer fast telepathischen Genauigkeit und lenkte die Energie der Menge in eine kollektive Erfahrung, die weit über den Klang hinausging. In diesem musikalischen Abenteuer schien die Grenze zwischen DJ und Publikum auf magische Weise zu verschwimmen.

Die Nacht neigt sich dem Höhepunkt zu, und der Polarstern, wie der Dirigent des Himmels, überwacht das musikalische Spektakel. Das Festival, das nach seiner majestätischen Präsenz benannt ist, wird zu einem unvergesslichen Erlebnis, das in den Erinnerungen der Teilnehmer wie ein ewig leuchtender Stern verweilt.

Polaris, l’amour qui ne s’éteint jamais – Helios White für UBWG


Quellen: Helios White

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