Quartieraufwertungen in Zürich lassen immer mehr Clubs von der Stadtkarte verschwinden. Niemand möchte sich von einer subkulturellen Tanzstätte beim wöchentlich zelebrierten Sonntagsbrunch gestört fühlen oder dank hämmernden Bässen sich ständig im Bett hin und her drehen. So sind Clubschliessungen wie erst kürzlich das Cabaret oder das Abart die Folge, aber es geht auch anders.
Die vor über zwei Jahren eröffnete Frieda’s Büxe ging den umgekehrten Weg. Fort von den klassischen Zürcher Ausgehmeilen wie Zürich West oder die Langstrasse und rein ins Quartier, wo Zürich lebt.
Der für seine nimmermüde Tante stadtbekannte Club zwischen dem Albisrieder- und Idaplatz, hat seit kurzem sein eigenes Musiklabel und ist überhaupt eine feste Institution in Sachen Zürcher elektronische Musik.
Unsere Beweggründe hatte das Vergnügen mit San Marco, einem Mitgründer und Neffen der Büxe, über seine verrückte Tante zu plaudern.
Offizielle Homepage von Frieda’s Büxe
Seit über zwei Jahren öffnet die Frieda’s Büxe Wochenende für Wochenende ihr Pforten für ihre Besucher und das in mitten eines lebhaften Wohnquartiers. Wie schafft ihr das und wie kommt man zu einer solchen speziellen Location?
San Marco: Es waren verschiedene Zufälle, die zur Location führten. Im Grunde waren wir auf der Suche nach Off-Locations, um sporadisch Sausen zu feiern. Eins folgte dem anderen und plötzlich standen wir in dieser Räumlichkeit und uns allen war klar: Daraus machen wir etwas! Darauf folgte eine halbjährige Bauphase. Jeder Stein, den man in der Büxe sieht, jede Bauliche Massnahme wurde von uns getätigt.
Wie du selber in der Frage antönst, befand sich das Quartier bereits vor unserem Einzug in einem Wandel. In einer ehemals sehr ruhigen Gegend wurde der Idaplatz belebter, das Kafi Z zog an die Fritschiwiese und diese selbst wurde wieder vermehrt von der Quartierbevölkerung mit Leben gefüllt. Eine lebendige Stadt wie Zürich ist immer im Wandel. Quartiere, welche einst von der Bevölkerung gemieden wurden, wie die Langstrasse, sind plötzlich pulsierende Zentren. Ruhigere Quartiere füllen sich mit Leben und ehemals Lebendige Ecken werden mit der Zeit ruhiger.
Gibt eine solch einmalige Konstellation nie irgendwelche Probleme oder gar Zerwürfnisse mit den Nachbarn?
Zu Beginn war sicher mehr Skepsis von Seiten der Nachbarn zu spüren. Man kann es irgendwo vergleichen, wie wenn man selber einen neuen Nachbar bekommt. Wie wird er wohl sein? Wird es lauter? Bleibt es wie es ist, usw. Da es sich bei uns um einen Club handelt, war die Skepsis sicher noch etwas grösser. Doch mit Gesprächen und Optimierung gewisser Abläufe haben wir, glaube ich, ein sehr gutes Miteinander gefunden. Wir haben für die Probleme unserer Nachbarn immer ein offenes Ohr und nehmen ihre Anliegen ernst. Zudem haben wir ein sehr gutes Security Team, welches sehr bemüht ist die Situation ausserhalb des Clubs so ruhig wie nur möglich zu halten. Und zu guter letzt machen wir jedes Jahr eine Sommerpause, die das Quartier in den heissesten Monaten entlasten und uns die Zeit für neue Ideen gibt. Der Schlüssel zum Ganzen ist, wie bei allen Knackpunkten im Leben, die Kommunikation.
In einem Interview sagte jemand von euch einmal, dass in der Gegend rund um den Albisrieder- und Idaplatz neue Nachtlokale entstehen werden. Wie seht ihr die Entwicklung des Nachtlebens in diesem Quartier und allgemein in Zürich entgegen?
Da wurde ich nicht ganz richtig zitiert. Ich sagte schon damals, dass eine Stadt wie Zürich im steten Wandel ist. Ein Wandel, der in allen wichtigen Kulturstädten dieser Welt zu beobachten ist. Ob jetzt in diesem Quartier mehr geschieht, sei dahingestellt. Aber sicher wird immer irgendwo ein Raum gefunden, um Kultur zu betreiben. In Zürich ist die Situation vielleicht etwas schwieriger, da Zürich nicht mehr gross wachsen kann und somit die Freiräume immer seltener werden. Schon immer gehörte Zürich zu den Hotspots dieser Welt. Doch in den letzten Jahren begann sich noch etwas mehr zu bewegen. Es gibt wieder Labels aus der Stadt, die international einen immer höheren Stellenwert geniessen. Immer mehr Jungs, die Qualitativ hochstehende Musik produzieren. Man kann sagen, Zürich ist seit fast 30 Jahren in der Blüte ihrer Zeit, was unsere Sache anbelangt. The best is yet to come! 😉
Nicht nur eure Platzwahl ist ein wenig unkonventionell. Wie es scheint legt ihr auch sehr grossen Wert auf eure Clubidentität. Alle eure Flyer werden als Büchsen dargestellt und auch der Name des Clubs beinhaltet eben genau diese „Büxe“. Was haben diese zwei Dinge auf sich? Und welche Rolle spielt dabei Frieda?
Naja, unsere Tante Frieda spielt eine wichtige Rolle. Schliesslich ist sie die nimmermüde, etwas verrückte Tante, die Wochenende für Wochenende ein grosses Familienfest feiert. Wir sind sehr dankbar, dass wir Neffen uns in allen Belangen in Ihrem Wohnzimmer austoben können und unserer Kreativität freien Lauf lassen dürfen. Und ja, wir legen Wert auf unsere Clubidentität. Wir sind nicht einfach ein Club, wir sind Frieda’s Büxe. Und aus unserer Sicht, das schönste Wohnzimmer diesseits des Regenbogens. 😉
Kommen wir auf eure Booking Philosophie zu sprechen. Wie grenzt ihr euch inhaltlich von anderen Zürcher Clubs ab?
Von unserem Sechser Kollektiv sind wir vier DJs. Ich selber feiere nächstes Jahr mein 20 jähriges DJ-Dasein. Pasci hatte sein 20 Jähriges letztes Jahr und Don Ramon bewegt sich auch in dieser Gegend. Valentino ist noch nicht ganz bei 20 Jahren angelangt, ist aber auch etwas jünger als die anderen drei. Wir vier haben durch die ganzen Jahre unseren Stil immer weiter entwickelt und genau diesen versuchen wir mit unseren Bookings weiterzuführen. Wir möchten nicht nur ein „Namedropping“ betreiben, sondern auch frische, talentierte und junge Künstler in die Büxe einladen. Die Qualität, die in Zürich vorzufinden ist, binden wir nach unserem Gusto immer wieder in unser Programm ein.
Heutzutage ist es auch schwierig sich nur mit den gemachten Bookings inhaltlich von anderen Feierstätten abzugrenzen. Mit einigen der Zürcher Clubs haben wir eine gemeinsam verwurzelte Vergangenheit, die auch in Zukunft für gewisse Vermischungen sorgt. Schliesslich hatten wir ja sozusagen dieselbe Kinderstube. Ich glaube aber, dass man sich von den Emotionen und von der Art wie man feiert, ein bisschen von einander abgrenzt. Dann spielt sicherlich auch die Lokalität eine substanzielle Rolle.
Zum Club gesellt sich seit neuem auch das hauseigene Imprint namens Frieda Musik. Die Labelrelease Party fand bereits anfangs April statt und morgen erscheint auch schon eure erste EP. Wer von euch hatte die Idee diesen Schritt zu wagen? Oder war es von Anfang an ein Ziel von euch Musik zu releasen?
Ich werkle schon seit einigen Jahren an eigenen Produktionen. Dasselbe gilt für Don Ramon und Valentino, welche wie ich bereits eigene Veröffentlichungen herausgaben. Durch das gemeinsame Jahrelange Feiern ist ein schönes Netzwerk von befreundeten Künstlern entstanden. Vielleicht war die Idee schon immer irgendwo im Oberstübchen in einer kleinen Schublade versteckt. Ich weiss es nicht. Ramon und ich sprachen immer wieder davon, wenn wir gemeinsam Platten anhörten. Und wäre die Büxe nicht gekommen, wäre womöglich das Label gekommen. Wie, wann, wo genau, ist schwierig zu sagen. Auf jeden Fall haben wir uns nun dafür entschieden und werden dieses neue Projekt mit genau so viel Herzblut und Liebe füllen, wie wir uns allen unserer Projekte in den letzten 20 Jahren hingaben.
Für die erste Veröffentlichung mit dem Namen Amici EP bist du verantwortlich. Sie entstand in enger Zusammenarbeit mit Freunden wie Alexi Delano oder Bardo. Bei euch scheint es demzufolge sehr wichtig, dass ihr zusammen eine gute Zeit verbringt. Egal ob im Studio, auf der Tanzfläche oder im Sommer an der Limmat…?
Einen guten Groove zusammen zu haben, oder wie wir sagen, gemeinsam Käse an den Bahnhof zu rollen, ist uns sehr, sehr wichtig. Es geht hierbei nicht nur um ein Business. Wir vermitteln mit unserem Wirken Emotionen und eine gute Zeit. Und dies ist nach wie vor unser oberstes Gebot.
Wagen wir einen Blick in die Ferne. Was kann man von den sechs Neffen und ihrer nimmermüden Tante in Zukunft erwarten? Was steht in Planung für Club, sowohl als auch für das Label?
Worauf ich mich sehr freue ist das Zürich Fest. Da haben wir auf der Sonnenuntergangsseite, gleich am See, einen schönen Platz zugesprochen bekommen. Dann folgt schon bald der zweite Release von meinem Bruder Don Ramon. Diese Platte wird richtig dick! Auf unser Sommer-Closing am 22. Juni freue ich mich auch riesig. Zudem sind gewisse Dinge in Planung, die ich hier nicht ausdeutschen kann, welche die Büxe betreffen. Wir sind alle sehr motiviert und freuen uns auf das Kommende! Auf jeden Fall wird es einen sehr spannenden Herbst geben.
Vielen Dank an San Marco!